Wo sind unsere Toten?

21.11.2025 / Pfarrer Johannes Jochemczyk, Dekan

Es ist November. Keine angenehme Zeit. Es ist kalt. Die Blätter welken und sterben ab.

Zeit um über Tod und Sterben nachzudenken. Das tun wir auch. An Allerheiligen standen wir auf dem Friedhof, am Volkstrauertag vor den Kriegsdenkmälern, morgen, am Ewigkeitssonntag, gedenken wir in den evangelischen Kirchen der Verstorbenen des Jahres. Die Gemeinden haben die Angehörigen in die Gottesdienste eingeladen, manche werden sicherlich kommen.

Mein Vater starb früh. Unerwartet. Ein Herzinfarkt. Ich war damals 19. Ich erinnere mich, dass ich beim Anblick des leblosen Körpers dachte, das ist doch nur eine Hülle. Das, was meinen Vater ausgemacht hatte, er selbst eben, er musste doch noch irgendwo sein. Ich war davon überzeugt – er ist noch da, er lebt! In Gottes Welt! - Nur seine Hülle, die haben wir begraben.

Damals noch klassisch - eine Erdbestattung mit Sarg. Auf einem Friedhof bei der Kirche.

So wie es damals meist üblich war. Doch viel hat sich seitdem geändert. Urnenbestattung, ob auf dem Friedhof, in Urnenwänden, Urnengärten, im Ruhewald, liegt seit Jahren im Trend.

In 2024 entschieden sich 80 % der Angehörigen für diese Bestattungsart.

In Rheinland-Pfalz ist seit diesem Jahr noch viel mehr möglich. Es gibt ein neues Bestattungsgesetz. Die Bestattungsmöglichkeiten wurden enorm erweitert. Die Asche der Angehörigen kann nun auch zu Hause aufbewahrt werden. Schmuckstücke können hergestellt werden. Die Asche der Verstorbenen kann sogar in Flüssen beigesetzt werden. Im Gesetz beschränkt auf Rheinland-Pfalz: in Rhein, Mosel, Saar und Lahn. Die Individualisierung unserer Gesellschaft hat nun also auch Einzug in die Bestattungspraxis gehalten.

So ganz beliebig darf man seine Verstorbenen jedoch noch nicht beisetzen. Das Gesetz stellt Regeln auf. Dass diese eingehalten werden, ist Sache des Bestatters. Ohne ihn geht nichts.

Ob diese Liberalisierung der Bestattung gut ist? Ich bin mir unsicher.

Ich denke an meinen Vater, der sein Grab auf dem Friedhof des Ortes hat, aus dem ich herkomme. Noch immer liegt er dort. Seine Hülle jedenfalls. Fast 40 Jahre schon. Zusammen mit den Menschen aus dem Dorf, die vor ihm und nach ihm gegangen sind. Da gehört er hin, denke ich!

In einer Vitrine oder als Schmuck um den Hals, kann ich ihn mir nicht vorstellen. Aber dass er in Gottes Welt lebt, das glaube ich noch immer.